Eine Million Euro Fördermittel für 86 Projekte zur Sucht-, Gewalt- und Verkehrsunfallprävention

09.07.2007 | Soziale Arbeit

Mit frühzeitiger und vernetzter Prävention nimmt die Landesregierung junge Gewalttäter noch intensiver ins Visier. Ziel ist es, die Jugendgewalt spürbar einzudämmen.

Um hier einen deutlichen Akzent zu setzen, hat das Innenministerium gemeinsam mit der Landesstiftung Baden-Württemberg das neue Förderprogramm Kriminalpräventive Modellprojekte gestartet“, sagte Innenminister Heribert Rech am Mittwoch, 4. Juli 2007, in Stuttgart. Schwerpunkt sei die Förderung brennpunktorientierter Gewaltpräventionsprojekte in Städten, Landkreisen und Gemeinden. Im Kern gehe es darum, innovative Modellprojekte für junge Menschen auf den Weg zu bringen, die bereits durch Gewalt auffällig geworden seien.

Erfreulich sei die große Resonanz auf das Programm: Landesweit hätten sich 157 Projektträger um die Fördermittel beworben. Eine Fachjury unter Vorsitz des Innenministeriums habe 86 Projekte ausgewählt und eine Million Euro Fördermittel vergeben. Rech dankte der Landesstiftung Baden-Württemberg dafür und betonte: „Wir dürfen nicht zusehen, wie junge Menschen in Kriminalität, Gewalt und Sucht abgleiten.“

Dass hier Handlungsbedarf bestehe, belege die Polizeiliche Kriminalstatistik. Trotz eines leichten Rückgangs im Jahr 2006 bewege sich die Gewaltkriminalität seit Jahren auf hohem Niveau. So seien die Zahlen im Zehnjahresvergleich von 15.763 Fällen im Jahr 1997 um 21,9 Prozent auf 19.213 Fälle im Jahr 2006 angestiegen. Häufig handle es sich um junge Menschen mit Migrationshintergrund. So würden - bezogen auf 100.000 Einwohner - nichtdeutsche Jungtäter nahezu doppelt so oft kriminell wie ihre deutschen Altersgenossen (7.442 zu 3.751). Noch gravierender sei der Unterschied bei der Gewaltkriminalität. Hier liege die Zahl mit 1.380 sogar dreimal so hoch wie die der deutschen Jungtäter mit 455. Zudem sei die Polizei immer wieder mit teilweise tumultartig verlaufenden gewalttätigen Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen konfrontiert, die sich häufig im Umfeld von Diskotheken oder Großveranstaltungen ereigneten.

Die Polizei gehe gegen diese Gewalt mit konsequenter Strafverfolgung und Präsenz vor. Das allein reiche aber nicht. Deswegen setze das Förderprogramm hier an, um gezielt und gemeinsam mit weiteren Akteuren alle Kräfte zu bündeln und auffälligen Jugendlichen Alternativen zu bieten. „Sinnvolle Freizeitbeschäftigungen, Einbindung in Vereine oder - noch besser - die Integration in den Arbeitsmarkt sind wesentliche Schutzfaktoren gegen Kriminalität. Deshalb sieht das Förderprogramm auch die Mitwirkung von Handwerksbetrieben vor, um jungen Menschen die Chance auf einen Arbeitsplatz zu geben“, so der Innenminister. Begleitet würden diese Maßnahmen teilweise von Trainingskursen zur Konfliktbewältigung, Sprachfortbildung und Bewerbungstrainings. Diese problemorientierte Präventionsarbeit sei im Vergleich zu klassischen Präventionsprojekten zwar deutlich aufwändiger und verlange den Projektbeteiligten ein hohes Maß an Engagement ab. Nur so könne es gelingen, jene Jugendlichen, die der Polizei nachts und an den Wochenenden massive Probleme bereiteten, aus ihren Cliquen zu lösen.

Rech betonte, dass die Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund eine Aufgabe sei, der sich alle gesellschaftlichen Kräfte noch intensiver widmen müssten. Mit der Förderung von 50 Projekten zur (Gruppen-) Gewaltprävention mit einem Gesamtvolumen von 550.000 Euro würden junge Migranten zielgruppengerecht angesprochen. Angesetzt werde bei der Vermittlung von interkulturellen Kompetenzen oder der Integration von Jugendlichen in die soziale Stadtteilarbeit. Vorrangig seien Projekte an Brennpunkten gefördert worden, die bei bereits auffälligen jungen Migranten ansetzten.

Zweiter Schwerpunkt der Förderung sei die engmaschige Vernetzung von Verkehrssicherheitsarbeit und Kriminalprävention. 20,5 Prozent der 2006 im Straßenverkehr tödlich Verunglückten seien junge Fahrer gewesen; ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung habe dagegen bei nur 8,2 Prozent gelegen. Zudem sei etwa jeder siebte Unfall der jungen Fahrer auf Alkoholkonsum zurückzuführen. Rech: „Wer sich im Straßenverkehr über die Regeln hinwegsetzt, fällt oft auch mit anderen Straftaten auf.“ Deshalb gelte es, diese Zusammenhänge noch stärker zu berücksichtigen und entsprechende Präventionsprojekte aufzulegen.

Besonders sogenannte Action-Typen und Kicksuchende seien aufgrund ihres rücksichtslosen Verhaltens ein hohes Sicherheitsrisiko sowohl im Straßenverkehr, als auch in Bezug auf Gewalt und dem Missbrauch von Alkohol und Drogen. Aus diesem Grund komme der vernetzten Präventionsarbeit eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund des hohen Niveaus der Gewaltdelikte und des zunehmenden exzessiven Alkohol- und Drogenkonsums junger Menschen würden die präventiven Bekämpfungsansätze in Baden-Württemberg intensiv fortentwickelt. Mit 450.000 Euro würden 36 Projekte gefördert. Schwerpunkt sei, das Abgleiten von Kindern und Jugendlichen in die Alkohol- beziehungsweise Drogenabhängigkeit zu verhindern und die Zahl der unter Alkoholeinfluss verursachten Verkehrsunfälle und Gewalttaten zu verringern.

Zusatzinformationen:
Die Kooperation zwischen Landesstiftung und Innenministerium Baden-Württemberg hatte in der Vergangenheit bereits beachtliche Erfolge. So wurden innerhalb der „Förderinitiative Jugendkriminalprävention“ 108 Projekte mit rund einer Million Euro aus Mitteln der Landesstiftung unterstützt. Über die einzelnen Projekte hat das Landeskriminalamt eine Dokumentation erstellt worden, die im Internet unter www.lka-bw.de (Prävention/Themen/KKP Aktuell/Sonderausgabe FJK) angeboten wird.

Projektbeispiele
„Hand angelegt - einmal anders“ - Lörrach
Mit gezielten Maßnahmen zur Beschäftigung in kommunalen Bauprojekten soll versucht werden, Jugendlichen unter Anleitung von Handwerkern und Architekten ein Praktikum oder eine Lehrstelle zu vermitteln. Das Projekt wird sozialpädagogisch betreut, zudem werden Trainingskurse zur Konfliktbewältigung, Sprachfortbildung und Bewerbungstraining angeboten.

„ARKADAS“ - Pforzheim
Jugendliche Strafgefangene werden noch in der Justizvollzugsanstalt Pforzheim, aber auch nach der Haftentlassung durch den Bezirksverein für soziale Rechtspflege in Konfliktlösungstraining geschult. Sie absolvieren Anti-Aggressions-Trainings, erhalten spezielle Suchthilfeangebote und sollen Hilfe bei der Lehrstellensuche bekommen. Außerdem werden ihnen Praktika in Betrieben ermöglicht. Eine Zusammenarbeit gibt es auch mit der Agentur für Arbeit.

„ODIS“ (Ohne Drogen im Straßenverkehr) - Aalen
Das Projekt spricht junge Kraftfahrer an, darunter zahlreiche Migranten, denen nach Drogenkonsum der Führerschein entzogen wurde. Es bietet bei aktiver Mitwirkung in Arbeitskreisen und Foren Hilfestellung an, um den Führerschein wiederzubekommen.

Quelle: Landesportal Baden-Württemberg