Miniaturdarstellung einer Pflegesituaion im Krankenhaus
Annie Spratt / Unsplash

Krankenhausreform verabschiedet – ein erster Schritt in die richtige Richtung?

von Gesine Köster-Ries
24.10.2024 | Gesundheitswesen | Nachrichten

Am vergangenen Mittwoch, den 16. Oktober hat der Bundestag eine umfassende Krankenhausreform beschlossen, die zahlreiche Änderungen im deutschen Gesundheitssystem mit sich bringt. Die Reform geht verschiedene Probleme an, die schon lange Thema in der Debatte um die Versorgungssituation in Deutschland sind. Dementsprechend hoch und divers sind die Erwartungen. Verschiedene Akteure äußern unterschiedliche Positionen zu den Beschlüssen, während die anvisierten Verbesserungen in der Versorgungsqualität und der Vergütungsstruktur im Mittelpunkt der Debatte stehen.

Die wesentlichen Beschlüsse im Überblick

Die Bundesregierung hat eine umfassende Krankenhausreform beschlossen, die auf mehreren Ebenen Verbesserungen für das Gesundheitssystem bringen soll. Ziel der Reform ist es, die Finanzlage vieler Krankenhäuser zu stabilisieren, die Qualität der Versorgung zu sichern und die Bürokratie zu verringern.

Zu den Kernmaßnahmen gehören die Einführung neuer Vergütungsstrukturen, die gezielt auf Qualität und Patient:innensicherheit ausgerichtet sind. Ein zentrales Element der Reform ist die Abschaffung des bisherigen Systems von Fallpauschalen, das Krankenhäuser finanziell unter Druck setzte, möglichst viele Patienten zu behandeln. Künftig sollen Kliniken stärker für die tatsächliche Leistung und die Qualität ihrer Versorgung entlohnt werden. Eine weitere Neuerung ist die Einführung von sogenannten "Leistungsgruppen". Diese sollen Kliniken nach ihren Spezialisierungen und Qualitätsstandards kategorisieren, was dazu führt, dass komplexere Eingriffe nur noch in dafür ausgestatteten Häusern durchgeführt werden Darüber hinaus sollen zusätzliche Mittel für die Digitalisierung in Krankenhäusern bereitgestellt werden, um eine effiziente und moderne Patient:innenversorgung zu gewährleisten. Ein weiterer Aspekt der Reform ist die verbesserte Personalausstattung, um den Anforderungen an die Pflege und Behandlung gerecht zu werden.

Darüber hinaus bleibt die Planung der Krankenhausstrukturen in der Verantwortung der Bundesländer. Sie sollen entscheiden, welche Kliniken welche Versorgungsstufen abdecken. Um die Grundversorgung in ländlichen Regionen zu sichern, können Bundesländer sogenannte „Level 1i“-Kliniken bestimmen, die sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen anbieten und somit eine flächendeckende Versorgung gewährleisten.

Die angestrebten Maßnahmen der Reform sind darauf ausgelegt, die Qualität der Patient:innenversorgung signifikant zu erhöhen. Die neuen Vergütungsstrukturen sollen Anreize schaffen, die Behandlungsqualität zu optimieren, was zu verbesserten Behandlungsergebnissen und höherer Patientenzufriedenheit führen könnte. Eine adäquate Personalausstattung soll gewährleisten, dass Patient:innen eine individuellere und zeitgerechte Betreuung erfahren. Die Förderung der Digitalisierung hingegen zielt darauf ab, Kommunikationswege zu verkürzen und den Informationsfluss zwischen Patient:innen und medizinischem Personal zu verbessern, um schnellere Diagnosen und effektive Behandlungsmethoden zu ermöglichen.

Geteilte Meinungen: Wie Expert:innen und Betroffene die Reform einschätzen

Die Reaktionen auf die Reform sind gespalten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach betonte die Dringlichkeit der Reform, da das bestehende System zu einer "Ökonomisierung" der Medizin geführt habe, die das Vertrauen in die Gesundheitsversorgung untergrabe. Lauterbach sieht in der Reform eine Rettung für viele Krankenhäuser, insbesondere im ländlichen Raum, die ohne Änderungen vor der Insolvenz stünden. Dagegen gibt es auch Kritik. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft unterstützt zwar viele Aspekte der Reform, warnt jedoch vor zu viel Bürokratie und befürchtet, dass kleinere Krankenhäuser trotz der Hilfen in Gefahr geraten könnten. Auch seitens der Opposition wird die Reform teils als zu komplex und unklar in ihrer Umsetzungsstrategie gesehen.

Die Gewerkschaft Ver.di äußert Bedenken und kritisiert die Reform als unzureichend, insbesondere in Bezug auf die Berücksichtigung der Beschäftigten in den Krankenhäusern. Ver.di fordert, dass die Reform nicht nur die Struktur, sondern auch die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals verbessern muss, um eine qualitative Versorgung zu gewährleisten. Der Verband hebt hervor, dass ohne angemessene Personalausstattung die positiven Auswirkungen der Reform nicht vollständig zur Geltung kommen könnten.

Der Bundesverband der Deutschen Privatkliniken (BDPK) bringt eine vorwiegend kritische Perspektive ins Spiel. Er befürchtet, dass durch die stärkere Fokussierung auf öffentliche Einrichtungen die wirtschaftliche Basis privat geführter Krankenhäuser gefährdet werde. Der BDPK sieht in der Reform eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit und fordert eine differenzierte Berücksichtigung der besonderen Bedingungen privater Einrichtungen. In dieser Hinsicht seien klare Regelungen erforderlich, um eine ausgewogene Versorgungslandschaft sicherzustellen.

Lange erwartet und noch ausbaufähig

Im Gegensatz dazu unterstützt der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) die Reform und hebt die dringend benötigten Änderungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte hervor. Der DBfK argumentiert, dass die Reform nicht nur strukturelle Veränderungen angehen, sondern auch eine kulturelle Neuausrichtung in Krankenhäusern anstreben sollte. Die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen und die Förderung einer wertschätzenden Kultur sind für den DBfK zentrale Punkte, was sich für eine gute Gesundheitsversorgung verändern müsse.

Insgesamt zeigt die Diskussion um die Krankenhausreform die durchaus unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen auf. Während die angestrebten Maßnahmen das Potenzial haben, die Patient:innenversorgung zu verbessern, betonen die Kritikpunkte der Gewerkschaften und des BDPK, dass ohne eine angemessene Berücksichtigung der Personalsituation und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Reform möglicherweise nicht die gewünschten Ergebnisse liefern werde. Zukünftige Evaluierungen werden entscheidend sein, um den tatsächlichen Erfolg der Reform zu messen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.


Quelle: Mit Presseinformationen von:
- der Bundesregierung vom 17.10.2024
- von ver.di vom 17.10.2024
- des DBfK vom 25.09.2024
- des BDPK vom 24.09.2024