Kältehilfe auch in den Landkreisen erforderlich

28.01.2017 | Soziale Arbeit | Nachrichten

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) nimmt den Kältetod eines 53-jährigen wohnungslosen Mannes im Landkreis Gießen vor einer Woche zum Anlass zum erneuten Appell, zusätzliche Anstrengungen in der Kältehilfe und bei der Notunterbringung in Deutschland zu unternehmen.

Neben dem Fall im Landkreis Gießen, prüft die BAG W derzeit weitere Meldungen, wonach in diesem Winter bereits zehn wohnungslose Menschen aufgrund von Kälteeinwirkungen gestorben sein könnten.

Durch die Kälte besonders bedroht seien die etwa 39.000 wohnungslosen Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Thomas Specht, Geschäftsführer der BAG W, erklärte: „In vielen Städten sind die Programme zur Kältehilfe aufgrund der steigenden Zahl der Wohnungslosen und der wohnungslosen Zuwanderer aus EU-Mitgliedsländern an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. In vielen Landkreisen sucht man nach wie vor vergeblich nach Programmen der Kältehilfe.“

Nach den Bestimmungen des Ordnungsrechts müsse jede Kommune in Deutschland Wohnungslose menschenwürdig unterbringen, unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsstatus. Städte und Gemeinden verstoßen gegen ihre Amtspflichten, wenn sie nicht rechtzeitig Notunterkünfte bereitstellen oder verschaffen. Dies bekräftige auch ein im letzten Herbst veröffentlichtes Rechtsgutachten der BAG W zur Unterbringungspflicht der Kommunen.

Thomas Specht: „Jede Stadt und jede Gemeinde muss prüfen, ob die getroffenen Vorkehrungen in Quantität und Qualität ausreichend sind. Nach Erfahrungen der Wohnungslosenhilfe wird ein Teil der Betroffenen von den Angeboten nicht erreicht. Viele sind physisch und psychisch nicht in der Verfassung, sich in Massenunterkünften zu behaupten und sich ggf. in Auseinandersetzungen und gegen Übergriffe durchzusetzen. Viele Angebote sind zu weit abgelegen und werden deswegen nicht erreicht, sind zu früh überfüllt, bieten keine Aufenthaltserlaubnis tagsüber und keine sichere Aufbewahrung der Habseligkeiten.“

Aufgrund des aktuellen Falls appelliert und fordert die BAG Wohnungslosenhilfe von den Kommunen unter anderem den Auf- und Ausbau von Straßensozialarbeit und anderer Formen aufsuchender Arbeit, wie zum Beispiel Kältebusse, um von Kälte bedrohte Wohnungslose auf der Straße aufsuchen zu können.

Die Einrichtung von Kältenotrufen oder dem Propagieren von 110 als Notrufnummer könne helfen, gefährdete Menschen melden zu können. Die BAG W fordert auch menschwürdige Asyle mit einem Mindesmaß an Schutz der Privatsphäre, separate und sichere Unterbringung für wohnungslose Frauen oder ausreichend viele niedrigschwellige Tagesaufenthalte. Mehr Schjutz vor dem Kältetod bieten könne auch die Öffnung von U-Bahnstationen, Bahnhöfen und anderen geeigneten öffentlichen Gebäuden oder notfalls eine zusätzliche Anmietung von geeigneten Räumlichkeiten (bspw. Gasthäuser oder leerstehende Gewerbe-Immobilien, die beheizbar sind und über sanitäre Einrichtungen verfügen).


Quelle: Pressemitteilung der BAG W vom 25. Januar 2017